„Man muss im Leben Ziele haben, sonst wird es langweilig.“

An einem trüben regnerischen Tag im März 2018 treffe ich mich vormittags mit dem 20-jährigen Manuchehr Saidov im Handwerks- und Berufszentrum Brackwede - Fachbereich Bau (HBZ Brackwede – Fachbereich Bau e.V.) in Bielefeld. Manuchehr Saidov und sein Betreuer Marco Solomos empfangen mich gut gelaunt, und wir führen ein entspanntes Gespräch bei einer Tasse Tee und Kuchen. Manuchehr Saidov nimmt am AgZn-Projekt teil. AgZn steht für „Auszubildende gewinnen, Zuwanderung nutzen“ und wird  im Programm „Fachkräfte. NRW“ mit finanzieller Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Europäischen Sozialfonds gefördert. 

      

Das AgZn-Projekt unterstützt kleine und mittelständische Betriebe der Bau- und Baunebenberufe bei der Suche nach geeigneten Auszubildenden mit Migrationshintergrund und unterstützt wiederum potentielle Auszubildende bei der Suche nach einer Ausbildung im Baubereich und während des ersten Ausbildungsjahres.

Manuchehr Saidov erzählt mir, dass er im Jahr 2015 im Alter von knapp 18 Jahren von Tadschikistan mit einem Schengen Visum nach Deutschland einreist sei. Zum Glück blieb ihm eine lange und gefährliche Flucht erspart, da er durch das Schengen Visum mit dem Flugzeug problemlos einreisen konnte. Begleitet wurde er nicht von seinen Eltern oder Geschwistern, sondern von seiner Freundin, mit der nun zusammen in einer kleinen Wohnung in Bielefeld lebt. Seit sein Visum abgelaufen ist, hat er Flüchtlingsstatus. Seine Eltern und seine Geschwister leben auch nach wie vor in ihrer Heimatstadt Shahrinav in Tadschikistan und haben keine Pläne, nach Deutschland nachzukommen.

In Tadschikistan hatte er elf Jahre die Schule bis zum Abitur besucht. „Leider wurde mein Schulabschluss aus Tadschikistan nicht in Deutschland anerkannt“, bedauert er. Also machte er am Berufskolleg am Tor 6 des BAJ e.V. seinen Hauptschulabschluss und sein Zertifikat Deutsch B1 beim Internationalen Bund. Inzwischen spricht er Deutsch auf einem guten B2 Niveau (Mittelstufe).

Im Sommer 2017 absolvierte er ein zweiwöchiges Praktikum bei der Firma Jens W. Kipp Tiefbau GmbH in Bielefeld als Straßenbauer. „Ich fand den Beruf sofort super“, erzählt er und konnte im Anschluss an das Praktikum zum 1. August 2017 seinen Ausbildungsvertrag unterschreiben. Ungefähr zur selben Zeit lernte er Marco Solomos vom HBZ Brackwede kennen, der der Firma „Kipp“ das AgZn-Projekt vorstellte und so Manuchehr Saidov kennenlernte. Marco Solomos fragte Manuchehr Saidov, ob er sich vorstellen könne, am AgZn-Projekt teilzunehmen und Manuchehr Saidov ergriff die in seinen Augen gute Chance auf Begleitung und Unterstützung während des ersten Lehrjahres.

„An meiner Ausbildung zum Straßenbauer gefällt mir besonders die Arbeit im Team, draußen zu arbeiten und neue Menschen kennenzulernen. Außerdem sind wir vier Azubis des ersten Lehrjahres zusammen in der Berufsschule, was echt zusammenschweißt“, schwärmt er.

Der Beruf des Straßenbauers gefällt ihm, weil er damit einen Beruf erlernt, den er noch nicht kannte oder ausgeübt hatte. In Tadschikistan hatte er bereits seit seinem achten Lebensjahr neben der Schule als Maurer und Tischler gearbeitet.

„Man muss im Leben Ziele haben, sonst wird es langweilig“, sagt er zielstrebig und nennt als nächste Meilensteine sehr gute Noten in der Berufsschule, in der Zwischen- und seiner Abschlussprüfung. „Mein größter Wunsch nach der Gesellenprüfung  ist die Meisterprüfung, da ich hier bei Kipp den richtigen Beruf gefunden habe und hier auch in Zukunft unbedingt arbeiten möchte.“

Außerdem hebt er die gute Betreuung der Auszubildenden in seinem Ausbildungsbetrieb hervor. Die Firma Kipp kümmert sich besonders intensiv um die vier Azubis des ersten Lehrjahres. Jeden Samstag treffen sie sich bei Kipp ab 11:00 Uhr und neben einem gemeinsamen Mittagessen unterrichtet Frau Kipp sie im Fachunterricht, im Bauzeichnen und hilft bei der Bearbeitung der Projektmappe und den Hausaufgaben.

Der regelmäßige Blockunterricht im HBZ Brackwede hat den Vorteil, dass die Azubis durch die viele praktische Arbeit  genügend Zeit haben, zu lernen und sich zu entwickeln. Außerdem können sich hier die Meister viel Zeit nehmen, die fachlichen Inhalte zu vermitteln, was im Betrieb manchmal zu kurz kommt.

Zusammenfassend erläutert er mir: „Mir gefällt das AgZn Projekt sehr gut und auch die Betreuung durch Marco Solomos und Susan Klaus vom HBZ. Daher würde ich eine Teilnahme am Projekt auf jeden Fall weiter empfehlen.“

Das Interview führte die Projektmitarbeiterin Jael Rachel Räker von Creos Lernideen und Beratung GmbH.

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